Interdisziplinäre zahnärztliche und ärztliche Zusammenarbeit bei Parodontitis und chronischen Erkrankungen

Parodontitis, eine schwerwiegende Erkrankung des Zahnhalteapparates, betrifft etwa die Hälfte der Menschen. Sie hat gravierende Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Darum ist eine stärkere Kooperation zahnärztlicher und ärztlicher Fachgruppen wünschenswert.

Schätzungsweise 30 Millionen Menschen in Deutschland sind an einer Parodontitis erkrankt, 10 Millionen davon leiden an einer mittelschweren bis schweren Paro­dontitis. Unbehandelt kann diese Munderkrankung nicht nur zu Zahnverlust führen, sondern sie steht in einem Zusammenhang mit 60 anderen Gesundheitsproblemen und Krankheiten, darunter schwerwiegende Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Diabetes mellitus Typ 2. 
Bakterien gehören in einem ausgewogenen Verhältnis zu einer gesunden Mundflora. Entsteht ein übermäßiges Bakterienwachstum, etwa durch einen ungesunden Lebensstil, schlechte Mundhygiene oder die Einnahme bestimmter Medikamente, kommt es zur Erkrankung. Bei einer Parodontitis ist die Pforte in den Körper über die entzündeten Mundschleimhäute für die Bakterien weit geöffnet. Dadurch kann es zu Entzündungen und Schädigungen an den Gefäßen, der Herzinnenwand (Endokarditis) und weiteren Geweben kommen. 

WHO-Aktionsplan

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrem Aktionsplan die Regierungen aufgefordert, im Kampf gegen die NCDs (Noncommunicable diseases = chronische Erkrankungen) auch die Mundgesundheit als wichtigen Faktor einzubeziehen und dafür Sorge zu tragen, alle Bevölkerungsgruppen aufzuklären und im Bedarfsfall zu therapieren. Das Ziel ist, durch eine flächendeckende Prävention die Erkrankungen des Mundes zu verhindern. Der Einsatz von Industriezucker und Nikotin solle durch Besteuerung und entsprechende politische Maßnahmen möglichst stark vermindert werden.
Vermeiden lässt sich die Entwicklung einer Parodontitis durch regelmäßige zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen, eine Vorsorge mit guter Mundpflege, Verzicht auf Nikotin, sowie eine gesunde Ernährung. Besonders wichtig ist es, den im Mund entstehenden und den Zähnen anheftende Biofilm regelmäßig konsequent zu entfernen und durch Fluoridgaben die Zahnoberflächen gesund zu erhalten. Das gilt übrigens auch zur Prävention gegen die zweite Zahn-Volkskrankheit: Karies. Defekte Zähne sind Schlupfwinkel für Bakterien und Schäden sollten vermieden und schnellstmöglich bei Kariesentwicklung therapiert werden.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Es ist darum verständlich, dass im „White Paper der EFP (European Federation of Periodontology)“ darauf hingewiesen wird, es gehe bei einer präventionsorientierten zahnärztlichen Versorgung nicht nur um den – für sich schon wichtigen – Erhalt der Mundgesundheit, sondern auch um den langfristig positiven Effekt auf die Allgemeingesundheit der Betroffenen. Hierzu ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zahnärztlicher und ärztlicher Fachgruppen, wie HausärztINNEN, GynäkologINNEN, KinderärztINNEN, DiabetologINNEN und KardiologINNEN gefragt. 

Prävention bis ins Alter sicherstellen

Bei einer immer älter werdenden Bevölkerung mit einer dadurch immer stärker anzeigenden Anzahl von Parodontitis-Erkrankten ist es zudem immens wichtig, auch die medizinisch-pflegenden Berufe ins Boot zu holen, um die Prävention bis ins hohe Alter sicher zu stellen. Die WHO verdeutlicht: „Eine allgemeine Gesundheitsversorgung ist ohne Mundgesundheit nicht möglich.“
Gesundheitsökonomisch ist zu beachten, dass die Kosten für eine Parodontitis-Prävention erheblich geringer sind als die zu erwartenden Kosten für die Therapien von z.B. schwerwiegenderen Diabetes-Folgen oder von Schlaganfall, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz – um nur einige Beispiel für Allgemeinerkrankungen zu nennen, die durch Parodontitis begünstigt werden. 

Literatur bei Autorin

Dr. med. dent. Angelika Brandl-Riedel ist Zahnärztin in Düsseldorf. Sie ist Vorsitzende des Deutschen Zahnärzte Verbandes e.V. und Schriftführerin im Vorstand des Deutschen Ärztinnenbundes e. V. (DÄB), der Ärztinnen und Zahnärztinnen gleichermaßen vertritt.

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