Das private Veräußerungsgeschäft bei Immobilien – Wie bleibt der Immobilienverkauf steuerfrei?
Ein privates Veräußerungsgeschäft fällt immer dann an, wenn innerhalb einer bestimmten Frist private Grundstücke oder private Wertgegenstände veräußert werden. Sind die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt, greift der § 22 in Verbindung mit § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) und es werden steuerpflichtige „Sonstige Einkünfte“ erzielt. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine Reihe von Ausnahmen, die nachfolgend näher beleuchtet werden.
Die sogenannte Spekulationsfrist beträgt bei Grundstücken zehn Jahre, unabhängig davon, ob es sich um bebaute oder unbebaute Grundstücke handelt. Bei den sonstigen Wirtschaftsgütern (wie z. B. Oldtimer-Fahrzeuge, Gold und andere Edelmetalle sowie Bitcoins) beträgt die Frist zwischen der Anschaffung und dem Verkauf nur ein Jahr.
Findet der Verkauf außerhalb der genannten Fristen statt, liegt kein privates Veräußerungsgeschäft vor, mit der Folge, dass ein möglicherweise erzielter Veräußerungsgewinn steuerfrei bleibt.
Weiterhin bleiben private Veräußerungsgewinne innerhalb der zuvor genannten Spekulationsfristen – sofern sie insgesamt weniger als 600 € im Jahr betragen – steuerfrei. Hierbei handelt es sich steuertechnisch um eine sogenannte „Freigrenze“ mit der Folge, dass ein Gewinn voll steuerpflichtig wird, sofern er mindestens 600 € beträgt.
Für die Berechnung der Spekulationsfrist sowohl was den Anschaffungs- als auch den Veräußerungszeitpunkt betrifft, ist das Datum des Kaufvertrags ausschlaggebend. Die Fristberechnung beginnt immer am Folgetag nach Anschaffung.
Beispiel Immobilienkauf |
Notarieller Kaufvertrag wird am 2. Januar 2018 unterschrieben. Beginn der zehnjährigen Spekulationsfrist ist der 3. Januar 2018. Bei einem Verkauf der Immobile nach dem 3. Januar 2028 ist die Frist abgelaufen und der Gewinn bleibt steuerfrei. |
Eigenheim
Unabhängig von der Zehnjahresfrist ist ein Immobilienverkauf immer dann steuerfrei, wenn das Haus ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (sogenanntes Eigenheim/Familienheim).
Vermietungsobjekte
Dies gilt nach herrschender Rechtsprechung auch für den Verkauf einer ausschließlich selbst genutzten Zweit- oder Ferienwohnung. Der Veräußerungsgewinn bei dem Verkauf eines Vermietungsobjekts innerhalb der Zehnjahresfrist kann ebenfalls steuerfrei sein. Voraussetzung ist jedoch im Einzelfall, dass das Haus im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist.
Beispiel Veräußerung eines Vermietungsobjekts |
Nutzung eines ursprünglichen Vermietungsobjekts ab 1. Dezember 2021 zu eigenen Wohnzwecken. Der Verkauf des Objekts erfolgt am 31. Januar 2023. Da das ehemalige Mietobjekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, kann es steuerfrei verkauft werden. |
Hinweis
Bei der Beurteilung des Nutzungszeitraums muss kein vollständiger Dreijahreszeitraum (36 Monate) gegeben sein. Es genügt – wie bei der zuvor dargestellten Sachverhaltsgestaltung – dass bei dem Objekt innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren Eigennutzung vorlag. Also nur im mittleren Jahr muss eine vollständige Selbstnutzung gegeben sein, um die Steuerfreiheit zu erreichen.
Vergünstigung auch für Kinder
Wenn das eigene Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag besteht, unentgeltlich in einer Eigentumswohnung oder in einer Immobilie wohnt, gilt auch das als Eigennutzung und die Steuerfreiheit greift.
Auf Fristen achten
Entfällt das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag, weil z. B. das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat, wäre ein Verkauf innerhalb der Zehnjahresfrist steuerpflichtig!
Verkauf bei Teilvermietung der eigengenutzten Immobilie
Wird nicht das ganze Haus selbst genutzt, so ist der auf den vermieteten Anteil entfallende Veräußerungsgewinn steuerpflichtig.
Berechnung des Veräußerungsgewinns bei Vermietung/Teilvermietung |
Veräußerungspreis = ggf. steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn |
Problematisch: Verkauf bei Trennung oder Scheidung
Problematisch kann es werden, wenn die hälftige Immobilie im Eigentum eines Partners verkauft wird. Wie wirkt es sich steuerlich aus, wenn ein Partner aus der bisher gemeinsam eigengenutzten Immobilie auszieht und erst später den Miteigentumsanteil an den Ex-Partner verkauft? Sofern die Zehnjahresfrist noch nicht abgelaufen ist, entsteht in diesem Fall ein (vermeidbares) steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft.
Die Begründung ist darin zu sehen, dass der Ex-Partner die im gemeinsamen Eigentum stehende Immobilie – im Zeitpunkt seines eigenen Auszugs – nicht mehr selbst nutzt.
In solchen Fällen der Trennung oder Scheidung entsteht somit oftmals ein langer Zeitraum (z. B. über zwei Kalenderjahre), bis es zu einer Einigung zwischen den Ex-Partnern über den Wert der Immobilie kommt.
Wird diese dann gemeinsam veräußert oder der hälftige Eigentumsanteil an einen der Ex-Partner verkauft, so greift die Steuerfreiheit nicht. Ein möglicher Veräußerungsgewinn entsteht somit auf der Ebene des seinen Miteigentumsanteil abgebenden Ex-Partners.
Gestaltung zur Vermeidung der Besteuerung
Variante 1: Erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist veräußern.
Variante 2: Veräußerung direkt im Jahr des Auszugs einer der bisherigen Partner, da in diesem Kalenderjahr die Selbstnutzung noch gegeben ist.
Praxistipp
Im Falle einer geplanten Immobilienveräußerung sollten Sie unbedingt im Vorfeld den Rat Ihres Steuerberaters einholen. Nur so können mögliche Fehler vermieden werden und der Veräußerungsgewinn kann im Einzelfall steuerfrei erzielt
werden.
*Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das generische Maskulinum verwendet werden. Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.