Von Fürsorgepflicht bis zur Vermittlung von Fachkompetenz – Worauf es bei der Ausbildung von MFA ankommt

Die Ausbildung von Medizinischen Fachangestellten* (MFA) ist ein wichtiger Schritt, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten und Personal langfristig in der Praxis zu akquirieren. Um eine optimale Ausbildung der MFA zu gewährleisten, unterliegt der Arbeitgeber besonderen Pflichten. Zum Schutz der Auszubildenden gelten Sonderregelungen, die zu beachten sind. Wie angehende MFA bestmöglich ausgebildet, unterstützt und gefördert werden, um eine solide Grundlage für den Berufseinstieg zu ermöglichen, erläutert dieser Beitrag.

Die MFA-Berufsausbildung richtet sich nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Verbindung mit der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten (MedFAngAusbV). Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln.1 Das Ausbildungsberufsbild MFA folgt aus § 4 MedFAngAusbV (s. Infobox). Daneben ist der Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.

Auf einen Blick

Zu den wesentlichen zu vermittelnden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten gehören 

  • der Ausbildungsbetrieb, 
  • Gesundheitsschutz und Hygiene, 
  • Kommunikation, 
  • Patientenbetreuung und -beratung, 
  • Betriebsorganisation und Qualitätsmanagement, 
  • Verwaltung und Abrechnung, 
  • Information und Dokumentation, 
  • Durchführen von Maßnahmen bei Diagnostik und Therapie unter Anleitung und Aufsicht des Arztes,
  • Grundlagen der Prävention und Rehabilitation sowie 
  • Handeln bei Not- und Zwischenfällen. 
 

 

Ausbilder und Ausbildungsstätte

Wer eine ärztliche Approbation hat und als Arzt tätig ist, darf im Ausbildungsberuf MFA ausbilden. Die Ausbildungsstätte muss nach Art und Einrichtung für die Ausbildung geeignet sein.2 Die Ausbildungsstätte ist geeignet, wenn sie die Tätigkeiten ermöglicht, die zum Erwerb der erforderlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten als MFA erforderlich sind. Die Zahl der Auszubildenden muss in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der bei dem Arbeitgeber tätigen Fachkräfte stehen.3 Als Fachkräfte in diesem Sinne gelten Ärzte, ausgebildete MFA oder in einem anderen Gesundheitsberuf ausgebildete Personen mit der Bereitschaft, Ausbildungsaufgaben zu übernehmen. Als angemessenes Verhältnis wird angenommen, dass auf einen Auszubildenden ein bis zwei Fachkräfte anfallen.

Berufsausbildungsvertrag und sonstige Formalitäten

Der ausbildende Arzt hat mit dem Auszubildenden einen schriftlichen Berufsausbildungsvertrag zu schließen. 


Praxishinweis: Viele Ärztekammern bieten entsprechende Vertragsmuster für den MFA-Berufsausbildungsvertrag zum kostenlosen Download auf ihrer Homepage an. Jedes Vertragsmuster muss zwingend individuell geprüft und auf den jeweiligen Einzelfall angepasst werden.


Die zuständige Ärztekammer führt ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse. 


Praxishinweis: Der Ausbilder hat unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrags die Eintragung des Auszubildenden in das Verzeichnis zu beantragen. Der Antrag kann schriftlich oder elektronisch gestellt werden; eine Kopie der Vertragsniederschrift ist jeweils beizufügen.4


Berufsausbildungsverhältnis unter Berücksichtigung der Beschäftigung minderjähriger Auszubildender

Das Berufsausbildungsverhältnis ist kein klassisches Arbeitsverhältnis, der Auszubildende insoweit keine klassische Arbeitskraft. Der Ausbilder ist deshalb verpflichtet, den Auszubildenden auch wirklich auszubilden.


Praxishinweis: Der Ausbilder muss unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplans für den Auszubildenden einen Ausbildungsplan erstellen.


Ausbildung bedeutet insbesondere die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit zur Erreichung des Ausbildungsziels MFA, die kostenlose Bereitstellung der Ausbildungsmittel sowie das Anhalten des Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule zur Erlangung der theoretischen Fachkenntnisse.5


Praxishinweis: Überträgt der Ausbilder dem Auszubildenden eine Tätigkeit, die dem Ausbildungszweck nicht dient, so handelt er ordnungswidrig. Dies kann mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 € geahndet werden.


Bei einem Auszubildenden unter 18 Jahren findet das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) mit Sonderregelungen Anwendung.

Untersuchungen bei Minderjährigen

Vor Eintritt in das Berufsausbildungsverhältnis bedarf es bei minderjährigen Auszubildenden einer sogenannten Erstuntersuchung, die innerhalb der letzten 14 Monate vor Tätigkeitsaufnahme stattgefunden haben muss.6 Die Erstuntersuchung ist von einem Arzt zu bescheinigen. 


Praxishinweis: Hat die Erstunter­suchung nicht stattgefunden und/oder liegt keine Bescheinigung hierüber vor, darf der Arbeitgeber den minderjährigen Auszubildenden nicht beschäftigen.


Ein Jahr nach Aufnahme der Beschäftigung muss sich der Arbeitgeber eine Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung vorlegen lassen.7 Der Arbeitgeber muss den Auszubildenden neun Monate nach der Tätigkeitsaufnahme auf die Nachuntersuchung hinweisen. Die Pflicht zur Nachuntersuchung entfällt, wenn der Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr volljährig geworden ist.

Arbeitszeiten

Hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitszeit des Auszubildenden findet das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Anwendung. Möglich ist eine wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 48 Stunden, sofern die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Üblich dürfte eine wöchentliche Regelarbeitszeit zwischen 35 bis 40 Stunden sein. 

Minderjährige Auszubildende dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.8 Eine tägliche Arbeitszeit von 8,5 Stunden kann nur angesetzt werden, sofern an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt wird.9

Ruhezeiten

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist eine ununterbrochene Ruhe­zeit von mindestens elf Stunden zu gewähren.10 Bei minderjährigen Auszubildenden ist eine Ruhezeit von zwölf Stunden einzuräumen.11
 

Beschäftigungsverbot

Von 20 bis 6 Uhr gilt ein Beschäftigungsverbot von minderjährigen Auszubildenden.12 Grundsätzlich gilt dies auch an Samstagen und Sonntagen, mit Ausnahme der Beschäftigung der Auszubildenden im ärztlichen Notdienst.13 Wird der minderjährige Auszubildende an Samstagen oder Sonntagen im ärztlichen Notdienst beschäftigt, ist aber die Fünftagewoche unter Freistellung eines anderen Tages sicherzustellen.

Berufsschulunterricht und Prüfungen

Der Auszubildende ist zur Teilnahme am Berufsschulunterricht, an Prüfungen sowie an sonstigen Ausbildungsmaßnahmen freizustellen. Dies gilt auch für freiwilligen Unterricht, z. B. in Form von Nachhilfestunden, sowie für Wegezeiten und Pausen. Diese Zeiten werden auf die Ausbildungszeit angerechnet, sodass keine Nachholpflicht des Auszubildenden der Ausbildungszeit besteht.

Praxistätigkeit vor und nach der Berufsschule

Der Auszubildende darf vor einem um neun Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht in der Arbeitsstätte beschäftigt werden.14 Volljährige Auszubildende können nach dem Berufsschulunterricht in der Ausbildungsstätte beschäftigt werden, sofern der Unterricht weniger als fünf Unterrichtsstunden je 45 Minuten beträgt. Anderenfalls besteht ein Freistellungs­anspruch für den gesamten Tag.


Praxishinweis: Stellt der Ausbilder den Auszubildenden nicht frei, so liegt darin eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 € geahndet werden kann.


Vergütung

Die Vergütung des Auszubildenden muss angemessen sein. Zu beachten ist, dass es seit dem 01.01.2020 eine gesetzliche Mindestvergütung gibt, die nicht unterschritten werden darf. Die Mindestvergütung steigt jährlich an und wird seit 2024 nicht mehr numerisch festgelegt, sondern rechnerisch ermittelt.

Urlaub

Volljährige Auszubildende haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen (bei einer Sechstagewoche) bzw. 20 Werktagen bei einer Fünftagewoche. Bei minderjährigen Auszubildenden ist dieser gestaffelt nach dem Alter und beträgt jährlich mindestens 27 Werktage bei zu Beginn des Kalenderjahres 16-jährigen bzw. mindestens 25 Werktage bei zu Beginn des Kalenderjahres 17-jährigen Auszubildenden. Üblich dürfte sein, freiwillig zwischen 28 bis 30 Urlaubstagen zu gewährleisten.

Minderjährigen Auszubildenden soll der Urlaub in der Zeit der Berufsschulferien gegeben werden. Soweit er nicht in den Berufsschulferien gegeben wird, ist für jeden Berufsschultag, an dem die Berufsschule während des Urlaubs besucht wird, ein weiterer Urlaubstag zu gewähren.15

Schwangerschaft

Wird die auszubildende MFA während des Berufsausbildungsverhältnisses schwanger, so findet das Mutterschutzgesetz (MuSchG) Anwendung. Auf die sechswöchige Schutzfrist vor dem errechneten Entbindungstermin darf die Auszubildende freiwillig verzichten, um beispielsweise die anstehende Abschlussprüfung zu absolvieren. Auch darf die Auszubildende unmittelbar nach der Entbindung (während der achtwöchigen Schutzfrist) im Rahmen der schulischen Ausbildung tätig werden, wenn sie dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt.16 Die Auszubildende kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

Anrechnung der Fristen auf die Ausbildungszeit

Die Mutterschutzfristen werden auf die Ausbildungszeit angerechnet, insoweit verlängert sich die Ausbildungszeit nicht automatisch. Dies gilt jedoch nicht für eine sich anschließende Elternzeit17; das Berufsausbildungsverhältnis verlängert sich sodann automatisch entsprechend.

Beendigung des Ausbildungsverhältnisses

Grundsätzlich endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Bestehen der Abschlussprüfung (Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss).18 Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, allerdings höchstens um ein Jahr.19

Probezeit

Während der Probezeit, sofern vertraglich vereinbart, kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis durch den Ausbilder nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden.20 Der Ausbilder kann das Berufsausbildungsverhältnis nicht kündigen, es sei denn, die Fortsetzung ist ihm nicht zuzumuten. 

Fazit

Nur wer ausbildet, kann dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Die Erfüllung der daraus resultierenden Pflichten trägt nicht nur zur Zufriedenheit der Auszubildenden, sondern auch zum Erhalt und der Förderung einer guten medizinischen Versorgung bei.

*Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das ­generische Maskulinum verwendet werden. ­Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.


1 Vgl. § 1 Absatz 3 BBiG.
2 Vgl. § 27 Absatz 1 Nr. 1 BBiG.
3 Vgl. § 27 Absatz 1 Nr. 2 BBiG.
4 Vgl. § 36 Absatz 1 BBiG.
5 Vgl. § 14 Absatz 1 BBiG.
6 Vgl. § 32 Absatz 1 JArbSchG.
7 Vgl. § 33 Absatz 1 S. 1 JArbSchG.
8 Vgl. § 8 Absatz 1 JArbSchG.
9 Vgl. § 8 Absatz 2a JArbSchG.
10 Vgl. § 5 Absatz 1 ArbZG.
11 Vgl. § 13 JArbSchG.
12 Vgl. § 14 Absatz 1 JArbSchG.
13 Vgl. § 16 Absatz 1 Nr. 10 JArbSchG.
14 Vgl. § 15 Absatz 1 Satz 1 BBiG.
15 Vgl. § 19 Absatz 3 JArbSchG.
16 Vgl. § 3 Absatz 3 MuSchG.
17 Vgl. § 20 Absatz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
18 Vgl. § 21 Absatz 2 BBiG.
19 Vgl. § 21 Absatz 3 BBiG.
20 Vgl. § 22 Absatz 2 Nr. 1 BBiG.

Dina Gebhardt
Rechtsanwältin, Fach­anwältin für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Dorpatweg 10
48159 Münster
d.gebhardt@kanzlei-am-aerztehaus.de
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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