Die Praxis-Webseite barrierefrei gestalten

Teil 2: Chancen und gesetzliche Verpflichtungen

Während digitale Gesundheitsangebote darauf abzielen, die Zugänglichkeit von Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, bleibt aufgrund mangelnder Barrierefreiheit ein Teil der Patientinnen und Patienten weiterhin ausgeschlossen. Dabei wird es ab Juni 2025 Pflicht, eine barrierefreie Webseite anzubieten – wenn auch nicht für alle.

Im Jahr 2023 bewertete die gemeinnützige Organisation Web Accessibility in Mind (WebAIM) bereits im fünften Jahr in Folge die Barrierefreiheit der wichtigsten 1.000.000 Webseiten.1 96,2 % wurden als nicht barrierefrei eingestuft.1 Obwohl die Digitalisierung die Möglichkeit bietet, Informationen allen zugänglich zu machen, nutzen wir diese Chance bisher in einem alarmierend geringen Maße.

Pflicht ab 25.06.2025

Die digitale Barrierefreiheit ist hierzulande bisher vergleichsweise wenig bekannt. Dies ändert sich allmählich, auch durch die fortschreitende Gesetzgebung. Öffentliche Stellen sind bereits heute verpflichtet, ihre Webseiten und Apps barrierefrei anzubieten. Ab dem 25. Juni 2025 werden durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auch erste Teile der Privatwirtschaft dazu verpflichtet, Produkte und Dienstleistungen, einschließlich Webseiten und Onlineshops, barrierefrei zu gestalten.2 Grundsätzlich betrifft das Barriere­freiheitsstärkungsgesetz auch Webseiten von Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Aufgrund einer Ausnahmeregelung für Kleinstunternehmen (weniger als zehn Beschäftigte und maximaler Jahresumsatz von zwei Millionen Euro) werden jedoch nicht alle Arztpraxen im Jahr 2025 dazu verpflichtet sein. Eine rechtzeitige Informationsbeschaffung ist ratsam. 

Vorteile für Arztpraxen

Werte vermitteln

Unabhängig von einer möglichen gesetzlichen Verpflichtung kann sich die digitale Barrierefreiheit für Praxen als gewinnbringend erweisen. In einer Zeit, in der der erste Kontakt zu einer Praxis häufig über die Praxis-Webseite erfolgt, signalisiert diese, dass die Mitarbeitenden sich der vielfältigen Bedürfnisse ihrer Patientinnen und Patienten bewusst sind. Zugleich sendet sie eine positive Botschaft über die grundlegenden Werte der Praxis.

Vertrauen fördern

Indem die Praxis Informationen online barrierefrei zugänglich macht, erreicht sie nicht nur eine größere Zielgruppe, sondern trägt auch dazu bei, die Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen zu berücksichtigen. Dieser Zugang kann nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen der Praxis und der Patientenschaft stärken, sondern auch zu einer potenziellen Reduzierung der Arbeitsbelastung in der Praxis beitragen.

Auswirkungen

Obwohl die wissenschaftliche Evidenz bezüglich der Auswirkungen einer barrierefreien digitalen Infrastruktur noch begrenzt ist, existieren erste Hinweise darauf, dass sie einen positiven Einfluss auf das Vertrauensverhältnis zwischen der Zielgruppe und den Anbietenden im Bereich Digital Health hat. Die individuelle Anpassbarkeit von Inhalten, ein wesentlicher Aspekt der Barrierefreiheit, wird in Studien als vertrauensfördernd identifiziert.3 Ähnliche Erfahrungen wurden bereits im E-Commerce-Bereich dokumentiert4, und es ist anzunehmen, dass dieser Einfluss im Gesundheitssektor, wo Werte wie Vertrauen essenziell sind, besonders signifikant sein wird.

Finanzielle Förderung

Bereits vor Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz unterstützen einige Bundes­länder Maßnahmen der (digitalen) Barrierefreiheit finanziell in verschiedenen Förderprogrammen.

Land

Förderung

Fördervolumen

Nordrhein-Westfalen5

Inklusionsschecks NRW

2.000 €

Schleswig-Holstein6

Fonds für Barrierefreiheit: Förderung digitaler Barrierefreiheit, sofern hausärztliche oder gynäkologische Leistungen erbracht werden

bis zu 40.000 €

Sachsen-Anhalt7

Landesaktionsplan „einfach machen“

bis zu 50.000 €

Thüringen8

Ärzte für Thüringen, Niederlassungen im ländlichen Raum (Arzt­praxen und Apotheken)

bei Förderung von Investitionen zusätzliche 5.000 € für Barrierefreiheit

(Ohne Gewähr auf Vollständigkeit)



1 WebAIM. 2023. The WebAIM Million. The 2023 report on the accessibility of the top 1,000,000 home pages. webaim.org/projects/million/
2 Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 2021. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze. www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3 
3 Adjekum A, Blasimme A und Vayena E., Elements of trust in digital health systems: scoping review. Journal of medical Internet research 2018; 20.12: e11254. doi.org/10.2196/11254 
4 Paștiu C A, Oncioiu I, Gârdan D A et al., The Perspective of E-Business Sustainability and Website Accessibility of Online Stores. Sustainability 2020; 12: 9780. doi.org/10.3390/su12229780 
5 Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Inklusionsscheck NRW. www.mags.nrw/inklusionsscheck 
6 Landesportal Schleswig-Holstein. Fonds für Barrierefreiheit – Förderrichtlinie. www.schleswigholstein.de/DE/landesregierung/themen/soziales/unbrk/FondsFuerBarrierefreiheit/foerderrichtlinie/foerderrichtlinie_node.html 
7 Sozialagentur Sachsen-Anhalt. sozialagentur.sachsen-anhalt.de/downloads/richtlinie-landesaktionsplan/ 
8 Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Ärzte für Thüringen. www.tmasgff.de/gesundheit/aerzte-fuer-thueringen 

Teil 1 hatte die Begriffs­definition zum Thema. Teil 3 stellt unterschiedliche Nutzergruppen von Praxis-Webseiten vor. Teil 4 zeigt Schritte auf, wie die Barrierefreiheit der eigenen Praxis-Webseite angegangen bzw. optimiert werden kann.

Katrin Burek
Gründerin
MEDIANUA – Menschen erreichen
Akazienstraße 166
44143 Dortmund
katrin.burek@medianua.de
www.medianua.de 

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