vasomed 1 | 2024

36. Jahrgang_1_2024 31 Fortbildung Serie // Abhängig vom Angriffspunkt innerhalb des thrombusbildenden Prozesses unterscheidet man antiaggregatorische, antikoagulatorische und fibrinolytische Wirkstoffe. Da Fibrin Hauptbestandteil venöser Thromben ist, stehen bei der Vorbeugung und Behandlung venöser Thromboembolien Antikoagulanzien im Mittelpunkt. Es gibt parenterale und orale Antikoagulanzien. Zu den parenteralen Antikoagulanzien gehören unfraktioniertes Heparin, niedermolekulares Heparin und Fondaparinux, Lepirudin, Desirudin, Bivalirudin und Argatroban. Zu den oralen Antikoagulanzien gehören Vitamin-K- Antagonisten, die Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban und der Thrombininhibitor Dabigatranetexilat. Heparine Unfraktioniertes Heparin: Unfraktioniertes Heparin (UFH) ist ein Polymer, das abwechselnd aus D-Glukuronsäure und NAcetyl-D-Glukosamin-Resten besteht und heute noch aus Dünndarmschleimhaut von Schweinen gewonnen wird. UFH wirkt als Antikoagulans durch die Aktivierung von Antithrombin (auch als Antithrombin III bekannt) und hemmt dadurch Thrombin und Faktor Xa (FXa). UFH muss parenteral verabreicht werden. Im Blutkreislauf bindet UFH außer an Antithrombin auch an andere Plasmaproteine. Daher ist die gerinnungshemmende Wirkung auf definierte Mengen an UFH oder körpergewichtsadaptierte Dosen nicht vorhersagbar (7). Die UFH-Wirkung kann über die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) oder den Anti-Xa-Spiegel überwacht werden. Die aPTT-Reagenzien unterscheiden sich in ihrer Empfindlichkeit auf Heparin und die Labore müssen für jede Reagenz-Koagulometer-Kombination jeweils einen therapeutischen aPTTBereich festlegen. Für die meisten der derzeitig verwendeten aPTT-Reagenzien und Koagulometer werden therapeutische Heparinspiegel mit einer zwei- bis dreifachen Verlängerung der aPTT erreicht. Zur Prophylaxe wird UFH normalerweise in festgelegten Dosen von 2–3 × 5.000 IE/d subkutan ohne Gerinnungsmonitoring verabreicht. Zur Therapie wird ein Bolus von 5.000 IE oder 70 IE/kg Körpergewicht (KG) intravenös gegeben, gefolgt von einer fixen Infusionsrate von 12–15 IE/ kg KG pro Stunde. Therapeutische Dosierungen sollten überwacht werden. Die häufigste Nebenwirkung von UFH sind Blutungen, Thrombozytopenien, Osteoporose und eine Transaminasenerhöhung. Eine heparininduzierte Thromzytopenie (HIT) tritt üblicherweise fünf bis zehn Tage nach Beginn der Heparinbehandlung auf. Sie kann sich jedoch bei Patienten, die bereits in den letzten drei Monaten Heparin erhalten hatten, auch früher manifestieren (Tab. 1). Die Diagnose einer HIT wird durch enzymgebundene Immunassays, die Antikörper gegen Heparin-PF4-Komplexe nachweisen, oder durch den Thrombozytenaktivierungstest gesichert (9). Zur Behandlung der HIT sollte die Heparingabe sofort gestoppt und ein anderer Gerinnungshemmer zur Thromboseprävention eingesetzt werden. Die Wirkstoffe, die für diese Indikation am häufigsten angewandt werden, sind parenterale direkte Thrombininhibitoren wie Lepirudin, Argatroban oder Bivalirudin und FXa-Hemmer wie Fondaparinux und Rivaroxaban. Niedermolekulare Heparine: Niedermolekulare Heparine (NMH) werden durch weitere Defragmentierung von UFH hergestellt und weisen nach subkutaner Injektion eine etwa 90 %ige Bioverfügbarkeit auf (Tab. 2). Da NMHs sich weniger stark an Plasmaproteine binden als UFH, ist ihre Wirkung besser kalkulierbar. Die NMH-Dosen, die zur Vorbeugung oder Behandlung empfohlen werden, unterscheiden sich von Präparat zu Präparat (Tab. 3). Wenn eine Überwachung notwendig ist, müssen drei bis vier Stunden nach Medikamentengabe Anti-FXa-Werte gemessen werden. Unter therapeutischer NMH-Gabe reichen die Anti-Xa-Werte von 0,5–1,2 IE/ml. Wenn NMH in prophylaktischen Dosen eingesetzt werden, sind Anti-Xa-Spitzenwerte von 0,2–0,5 IE/ml wünschenswert. Indikationen für ein NMH-Monitoring sind Niereninsuffizienz und Fettleibigkeit. Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von 30 ml/min ist ein NMH-Monitoring ratsam, um sicherzustellen, dass keine Akkumulation des NMH auftritt (5). Metaanalysen legen nahe, dass das Risiko einer größeren Blutung unter NMH kleiner ist als unter UFH und HIT und Osteoporose weniger häufig vokommen. Antikoagulation in der Phlebologie K. Kröger, Helios Klinikum, Klinik für Angiologie, Krefeld Merkmale Beschreibung Thrombozytopenie Thrombozytenzahl ≤100.000/μl oder Abfall um ≥50% Zeitverlauf Absinken der Thrombozytenzahl innerhalb von 5–10 Tagen nach Beginn der Heparintherapie Heparintyp häufiger bei unfraktioniertem als bei niedermolekularem Heparin Patiententyp häufiger bei chirurgischen und onkologischen als bei internistischen Patienten; eher bei Frauen als bei Männern Thrombose häufiger venöse als arterielle Thrombosen Tab. 1: Besonderheiten der heparininduzierten Thrombozytopenie. Grundlagen der Phlebologie und Lymphologie Hrsg.: Prof. Eberhard Rabe Ca. 540 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen und Tabellen WPV. Verlag, ISBN 978-3-934371-68-2 Preis 75 Euro Voraussichtlicher Erscheinungstermin Frühjahr 2024 DIESER BEITRAG IST EIN VORABDRUCK AUS DEM BUCH:

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