Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

In manchen Praxen wird der Eintritt eines neuen „Behandlungsfalls“ in der GOÄ nicht genug beachtet und dadurch Honorar verloren. Das muss nicht sein. Der „Behandlungsfall“ spielt insbesondere bei den Leistungen nach Nr. 1 (Beratung) und 5 (symptombezogene Untersuchung) eine Rolle. Andere, in der Berechenbarkeit mit dem Behandlungsfall verbundene Leistungen sind seltener. Grundsätzlich hat jede Ärztin bzw. jeder Arzt eigene „Behandlungsfälle“. Es spielt keine Rolle, ob bei der Patientin auch andere Ärztinnen und Ärzte Leistungen abrechnen. Anders ist das in der Gemeinschaftspraxis von Ärztinnen und Ärzten der gleichen oder weitgehend übereinstimmenden Fachrichtung. Hier entsteht durch die Behandlung durch die Gemeinschaftspraxispartnerin bzw. den -praxispartner kein neuer Behandlungsfall. Die Ausnahme bei der hochspezialisierten Praxispartnerin bzw. dem -partner, die bzw. der nur besondere Fälle behandelt, ist schwer zu vermitteln. Besser ist, wenn die Spezialistin bzw. der Spezialist eine neue Diagnose stellt (was einen neuen Behandlungsfall auslöst). Wenn im MVZ Ärztinnen und Ärzte anderer Fachrichtung getrennt von der Frauenärztin bzw. dem Frauenarzt abrechnen und dieselbe Patientin behandeln, ist das für den eigenen „Behandlungsfall“ unschädlich. Die Monatsfrist Die Monatsfrist ist dann verstrichen, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „eins“ erhöht hat. Beispiel: Erster Termin am 13. September – neuer Behandlungsfall am 14. Oktober. Um den Behandlungsfall auszulösen, muss sich die Behandlung nicht über die gesamte Monatsfrist erstrecken. Auch nur eine Behandlung imMonat reicht aus, um den Behandlungsfall auszulösen. Liegen wegen derselben Erkrankung die Abstände der Inanspruchnahme der Ärztin bzw. des Arztes weiter als die Monatsfrist, so beginnt erst mit diesem Datum ein neuer Behandlungsfall. Beispiel: Erster Termin am 19. Oktober, neuer Termin erst am 23. November – der neue Behandlungsfall beginnt am 23. November und nicht schon am 20. November. Behandlung derselben Erkrankung Der Behandlungsfall bezieht sich auch auf die „Behandlung derselben Erkrankung“. Deshalb lösen verschiedene Erkrankungen mehrere Behandlungsfälle aus. In der Abrechenbarkeit der Nrn. 1 und 5 in einer Sitzung nutzt das aber nicht: Die Nrn. 1 und 5 sind je Sitzung nur einmal berechenbar. Abrechnungsausschlüsse verhindern die Nebeneinanderberechnung mit verschiedenen Diagnosen, z.B. die Nrn. 5 und Nr. 7 mit jeweils anderer Diagnose. Es ist in der Regel realitätsfern, bei Patientinnen, die mehrere Erkrankungen aufweisen, die Beratungsleistungen und die symptombezogene Untersuchung zunächst nur bezogen auf eine Erkrankung vorzunehmen und für die anderen Erkrankungen einen neuen Termin auszumachen. Seltene Ausnahmen sind möglich, z.B. bei Notfallbehandlungen. Anders ist es, wenn innerhalb der Monatsfrist eine neue Erkrankung hinzutritt. Dann beginnt ein neuer Behandlungsfall. Ab diesem Zeitpunkt umfasst der Behandlungsfall dann aber auch die neue Erkrankung. Bei Eintritt eines neuen Behandlungsfalls durch eine neue Diagnose empfiehlt sich, den Hinzutritt der neuen Diagnose in der Rechnung kenntlich zu machen. Einwände durch die automatisierte Rechnungsprüfung sind dann nur noch selten (und ungerechtfertigt). Mit „derselben Erkrankung“ ist ein gewisser Ermessensspielraum verbunden. Eindeutig ist, wenn es sich nach der medizinischen Nomenklatur um eine andere Erkrankung handelt. Aber auch Verschlimmerungen oder Änderungen der Lokalisation der Erkrankung führen in der Regel zur erneuten Notwendigkeit der Leistungen. Somit finden sich dann bei genauer Handhabung der Begrifflichkeiten auch entsprechend neue Diagnosen. Beispielsweise sind Fluor vaginalis und Cystitis unterschiedliche Diagnosen, die erst mit zeitlichem Abstand, aber noch innerhalb der Monatsfrist auftreten können. Der Behandlungsfall Die Nrn. 1 und/oder 5 sind nur einmal im Behandlungsfall neben Leistungen der Abschnitte C bis O (d. h. von Nr. 200 GOÄ an aufwärts) berechnungsfähig. Zur Prüfung, ob sie erneut ansetzbar sind, muss man sich die Definition genau ansehen, die in der allgemeinen Bestimmung Nr. 1 vor Abschnitt B der GOÄ zu finden ist. Sie lautet: „Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.“ Wichtig • Ein neuer „Zeitraum eines Monats“ beginnt, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „eins“ erhöht hat. • Bei Hinzutritt einer neuen Diagnose beginnt ein neuer „Behandlungsfall“ und es können die Nrn. 1 und 5 – wenn sie nicht neben anderen Leistungen ausgeschlossen sind – erneut berechnet werden. • Es empfiehlt sich, den Hinzutritt der neuen Diagnose in der Rechnung kenntlich zu machen. Auf den neuen Behandlungsfall achten! GOÄ ABRECHNUNGSTI PPS 27 Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

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