Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

Was bisher möglich war … Die Möglichkeit zugelassener Vertragsärztinnen und -ärzte, auf ihre Zulassungen zugunsten einer Anstellung in einem (von ihnen in diesem Wege zu gründenden) eigenen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) zu verzichten, kann Vorteile bieten, die in der Praxis bislang gern genutzt wurden. Insbesondere Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) haben in der Vergangenheit diesen Weg häufiger gewählt. Auf diese Weise kann zum Beispiel die Bindung der Zulassungen/ Versorgungsaufträge an das MVZ erreicht werden, sodass auch im Falle des Ausscheidens einer Ärztin oder eines Arztes aus dem MVZ deren bzw. dessen Zulassung im MVZ bleibt; das ist rechtssicher in einer BAG für die Gesellschafterinnen und Gesellschafter nicht zu erreichen. Auch kann ein für die nächsten Jahre geplanter beruflicher Rückzug oder Verkauf vorbereitet werden. Zudem erhöht die MVZ-Struktur die Attraktivität für den Einstieg übernahmewilliger Nachfolgerinnen und Nachfolger. Da im Übrigen für MVZ die Beschränkung für die Anzahl angestellter Ärztinnen und Ärzte (§14a Abs. 1 S. 2 bis 4 BMV-Ä) nicht gilt, war gerade für solche Praxen, die diese Grenzen überschritten, das MVZ der Ausweg, um ein weiteres Wachstum sicherzustellen. Dabei hat §95 Abs. 6 Satz 5 SGB V die bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten angestellter Ärztinnen und Ärzte an der Trägergesellschaft des MVZ zuletzt noch erweitert. Die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) 2019 eingeführte Regelung sollte es den Gesellschafterinnen und Gesellschaftern, die von der Möglichkeit des Zulassungsverzichts zugunsten einer Anstellung im eigenen MVZ Gebrauch gemacht hatten, ermöglichen, ihre Gesellschaftsanteile an die „nächste Generation“ weiterzugeben. In der Praxis gründeten Vertragsärztinnen und -ärzte daher häufig eine MVZ-Trägergesellschaft in der Rechtsform einer GbR oder auch eine GmbH zur Errichtung eines MVZ, verzichteten zugunsten des MVZ auf ihre Zulassungen und ließen sich im „eigenen“ MVZ anstellen, wobei sie zugleich Gesellschafterinnen und Gesellschafter der MVZ-Trägergesellschaft wurden. Dabei ließen die meisten Zulassungsgremien bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) das MVZ zu und erteilten die Anstellungsgenehmigungen für die verzichtenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter des MVZ, ohne als Voraussetzung für die Erteilung der Anstellungsgenehmigungen zu prüfen, ob die zum Zwecke der Anstellung verzichtende Ärztin bzw. der Arzt tatsächlich abhängig Beschäftigte bzw. Beschäftigter im sozialversicherungsrechtlichen Sinne wird (s. Infokasten rechts). Nach bislang jedenfalls kaum infrage gestellter Meinung, sollte es für die im „eigenen“ MVZ angestellte Ärztin bzw. den angestellten Arzt indes nicht auf den sozialversicherungsrechtlichen Begriff der abhängigen Beschäftigung ankommen, zumal in den meisten Fallgestaltungen die zum Zwecke der Anstellung im „eigenen“ MVZ verzichtende Vertragsärztin bzw. der Vertragsarzt selten tatsächlich abhängig beschäftigt war und ist, im Sinne der Definition des Bundessozialgerichts. Denn die Ärztinnen und Ärzte, die vormals als BAG organisiert waren, wollten bei Überführung der BAG in ein MVZ typischerweise nicht ihren Einfluss innerhalb der Gesellschaft verlieren, schon gar nicht in ihrer MVZAnstellung von Weisungen ihrer Mitgesellschafterinnen und Mitgesellschafter abBILD(ER): FRAN_KIE – SHUTTERSTOCK Abhängig beschäftigt Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne läge ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit der Folge der Sozialversicherungspflicht vor, wenn die Ärztin bzw. der Arzt eine Tätigkeit nach Weisungen ausübt und in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist; die Ärztin bzw. der Arzt muss persönlich vom Arbeitgebenden abhängig sein (BSG Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 12/18 R). Das Ende des angestellten Arzt-Gesellschafters in seinem eigenen MVZ? Das Bundessozialgericht schränkt die Möglichkeiten zur Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) durch Vertragsärztinnen und -ärzte mit seinem Urteil vom 26.01.2022 (Az. B 6 KA 2/21) ein – mit massiven Konsequenzen. PRAXIS Recht 17 Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

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