Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

Um die Auswirkung des Zinsanstiegs auf die Immobilienfinanzierung zu betrachten, ziehen wir einen Beispielfall heran (s. Tab. 1). Die laufenden Kosten für die Immobilie steigen damit um 1.665 € minus 1.380 € = 285€ pro Monat. Über die hier unterstellte Laufzeit von 20 Jahren sind das in der Summe: 285 € x 12 Monate x 20 Jahre = 68.400€ insgesamt. Das ist für sich gesehen ein hoher Betrag. Aber in Relation zu den anderen Einflussfaktoren ist er nicht geeignet, um Immobilien als unfinanzierbar zu bezeichnen, denn bezogen auf die Gesamtinvestition sind das „nur“ knapp 14% Kostensteigerung. Anstieg der Inflation Immobilien sind sogenannte Sachgüter und schützen deshalb nach landläufiger Meinung vor Inflation.Wenn Immobilien eins zu eins vor Inflation schützen würden, müsste die Preisentwicklung – unabhängig vom Standort der Immobilie und unabhängig vom Zustand der Immobilie – immer mindestens so hoch sein wie die Inflation. Das dies keine allgemeingültige Aussage sein kann, liegt auf der Hand. Unzweifelhaft ist nur der Zusammenhang: Die Inflation ist ein Einflussfaktor für die Wertentwicklung von Immobilien. Warum ist die Inflation aktuell auf ca. 7,5% gestiegen? Wesentliche Preistreiber sind die Energiekosten und die Lebensmittelpreise. Dabei haben die Energiekosten indirekt eine Auswirkung auf die Preisentwicklung einer konkreten Immobilie. Moderne Niedrigenergiehäuser werden in ihrer Preisentwicklung eher profitieren, alte Häuser, die erst durch umfangreiche Investitionen auf ein akzeptables Energieverbrauchsniveau gebracht werden müssen, werden sich unterdurchschnittlich entwickeln. Wie muss der Zusammenhang zwischen Inflation und Zinsniveau betrachtet werden? Entscheidend ist hier der sogenannte Realzins. Dieser definiert sich als Differenz zwischen Nominalzins und Inflation. Langfristig pendelt der Realzins um die 2,0%. Das Zinsniveau ist also ca. 2% höher als die Inflationsrate. Das ist faktisch die Belohnung fürs Sparen. In der langfristigen Grafik 3 seit 1967 kann man drei Phasen erkennen: 1. Phase: 1967 bis 2008: Realzins pendelt um die 2% (Normalsituation) 2. Phase: 2009 bis 2019: Realzins pendelt seit dem Beginn der Finanzkrise zwischen 0% und minus 1%; Sparen wird durch Kaufkraftverlust „bestraft“ 3. Seitdem: Der Realzins stürzt ab; s. Kurzfristbetrachtung (Grafik 4) Seit Anfang 2021 sinkt der Realzins stetig und liegt in 2022 bei minus 7%. Dies ist genauso eine historische „Anomalie“ wie die niedrigen Bauzinsen. Was bedeutet dies für unsere Überlegungen zum Thema Immobilieninvestition? Die im Infokasten auf S. 12 dargestellte notwendige Wertsteigerung liegt unterhalb der aktuellen Inflation und auch unterhalb der jährlichen Wertentwicklung für Immobilien. Diese Berechnung gilt natürlich nur bei eigengenutzten Immobilien. Um die Berechnung für Eigennutzer zu vervollständigen, müsste man dann auch noch eine mögliche Mietsteigerung der derzeitigen Mietwohnung einbeziehen, die ja die Alternative Festgeld zusätzlich verteuert. Damit würde sich die notwendige Wertsteigerung weiter mindern. Bei Vermietungsimmobilien wären die möglichen Mieteinnahmen einzubeziehen (und neutralisieren damit die Zinskosten). Die notwendige Wertsteigerung sinkt deutlich. Zwischenfazit Auch wenn die Inflation höher ist als das Zinsniveau der Baufinanzierung, muss die Immobilie eine Wertsteigerung erzielen, um den Kaufkraftverlust auszugleichen. Bei negativem Realzins ist die notwendige Wertsteigerung aber in der Regel niedriger als die Inflationsrate. • Die Höhe der notwendigen Wertsteigerung hängt von der Quote des eingesetzten Eigenkapitals ab. Bei 100 % Eigenkapitaleinsatz ist eine Wertsteigerung nötig, die der alternativen sicheren Verzinsung der Kapitalanlage entspricht. Bei 0 % Eigenkapitaleinsatz ist eine Wertsteigerung in Höhe der Inflation plus der Zinskosten notwendig. • Wenn die Immobilie vermietet werden soll, sinkt die Höhe der notwendigen BILD(ER): YELLOW_MAN – SHUTTERSTOCK; WWW.BUNDESBANK.DE Zinsanstieg von 1,0% auf 3,0% über 20 Jahre Laufzeit Finanzierung mit Annuitätendarlehen (Volltilgung über 20 Jahre) Euro Kaufpreis Immobilie inkl. Nebenkosten 500.000 Finanzierungsanteil 60% 300.000 Eigenkapitaleinsatz 40% 200.000 Zinssatz von 1,00% Euro Finanzierungsvolumen 300.000 Zinssatz/Zinsen pro Monat 1,00% 250 Notwendige anfängliche Tilgung 4,52% 1.130 Annuität pro Monat 1.380 Zinsen über 20 Jahre 31.118 Zinssatz von 3,00% Euro Zinssatz/Zinsen pro Monat 3,00% 750 Notwendige anfängliche Tilgung 3,66% 915 Annuität pro Monat 1.665 Zinsen über 20 Jahre 99.294 Tab. 1: Auswirkung des Zinsanstiegs auf die Immobilienfinanzierung anhand eines Beispielfalls -8,00 -6,00 -4,00 -2,00 0,00 2,00 4,00 6,00 Dez. 67 Dez. 71 Dez. 75 Dez. 79 Dez. 83 Dez. 87 Dez. 91 Dez. 95 Dez. 99 Dez. 03 Dez. 07 Dez. 11 Dez. 15 Dez. 19 Realverzinsung Festgelder (Lfzt. 1 Monat, 50 bis 500 TEUR) -8,00 -7,00 -6,00 -5,00 -4,00 -3,00 -2,00 -1,00 0,00 1,00 Jan. 20 Apr. 20 Jul. 20 Okt. 20 Jan. 21 Apr. 21 Jul. 21 Okt. 21 Jan. 22 Apr. 22 Realverzinsung Festgelder (Lfzt. 1 Monat, von 50 unter 500 TEUR ) Grafik 3: Langfristige Entwicklung der Realzinsen6 Grafik 4: Kurzfristige Entwicklung der Realzinsen6 WI RTSCHAFT 11 Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2022

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